Von der Förderung zur Finanzierungshilfe

Das Ende der Wohnbauförderung

Teil I: "Leihen statt Schenken"

Die traditionelle Wohnbauförderungs-Theorie und -Praxis geht davon aus, daß Neubauwohnungen "zu teuer" sind und daher ihre Kosten auf ein für einkommensschwächere Haushalte erschwingliches Maß "heruntersubventioniert" werden müssen. Dabei werden die tatsächlichen Einkommensverhältnisse der wohnungssuchenden Haushalte - durch hohe Einkommensgrenzen - beim Förderungsantrag kaum und in späteren Jahren überhaupt nicht berücksichtigt.

Dementsprechend ist der öffentliche Subventionsaufwand sehr hoch, da auch alle jene Wohnungen mitgefördert werden, deren künftige Nutzer durchaus in der Lage wären, einen höheren Wohnungsaufwand zu tragen.

Zusätzlich sind diese Förderungsinstrumente nicht sonderlich effizient: schon bei Förderungsdarlehen wird oft ein Drittel des Kapitals verschenkt, bei rückzahlbaren Annuitätenzuschüssen auch mehr. Baukostenzuschüsse und nicht rückzahlbare Annuitätenzuschüsse gehen sogar zur Gänze verloren, wobei letzteren noch der Nachteil anhaftet, die Kapitalmarkt- (KM-)Finanzierungskosten nicht zu senken, sondern - aufgrund der teilweisen Kostentragung durch die öffentliche Hand - tendenziell eher noch zu erhöhen.

Dieses, dem Österreicher lieb gewordene, aber sehr kostspielige System bedarf angesichts der gravierenden Budgetdefizite einer umgehenden und grundsätzlichen Umgestaltung:

Einerseits muß vom bisherigen freizügigen Verschenken "öffentlicher" Mittel (die letztlich nur Steuermittel der Bürger sein können) zu einem Verleihen derselben im Rahmen einer Finanzierungshilfe übergegangen werden. Diese unterstützt die Darlehensnehmer durch eine gleichmäßige Verteilung der Wohnungskosten über einen längeren Zeitraum, ohne daß dabei für die öffentliche Hand ein Kaufkraft-Substanzverlust eintritt.

Andererseits müssen die knapper werdenden Mittel präziser jenen zur Verfügung gestellt werden, die sie in erster Linie benötigen, also i.w. der einkommensschwächeren Hälfte der Haushalte.

Damit käme die traditionelle Wohnbauförderung (WBF) an ihr überfälliges Ende und würde durch einen Wohnbau-Finanzierungs-Fonds (WBFF) abgelöst werden. Dieser könnte zunächst weiterhin die herkömmlichen WBF-Bundesmittel an die Länder überweisen, allerdings mit der Auflage, sie wertgesichert zurückzuzahlen. Die Länder könnten sodann den Nachfragern nach Eigenheimen und Eigentumswohnungen Darlehen auf 25 Jahre und den Gemeinden für die Errichtung von Mietwohnungen auf 50 Jahre gewähren. Die Darlehensnehmer hätten dementsprechend pro Jahr 4 % bzw. 2 % des Darlehens wertgesichert zu tilgen.

Die Höhe der Darlehenssumme wäre nach einem Fixsatz pro Quadratmeter, der einer sparsamen Planung und Bauausführung entspricht, und der Nutzfläche als Funktion der Haushaltsgröße zu bestimmen. Die zu finanzierende Nutzfläche sollte, da die Wohnungspolitik vornehmlich auf die schwächsten Marktteilnehmer ausgerichtet sein sollte, dem Mindestbedarf entsprechen. Dieser ließe sich z.B. mit 35 m² für einen Ein-Personen-Haushalt und mit 15 m² für jede zusätzliche Person festlegen. Darüber hinausgehende - und durchaus legitime - Ansprüche müßten die Wohnungwerber aus eigenen oder über Kapitalmarktmittel decken.

Nach der Einführung eines derartigen WBFF würde sich sukzessive eine Selbstfinanzierung einstellen, indem jährlich etwa 3 % aller gewährten Darlehen wieder zurückfließen würden, um die der Bedarf an "frischen" Bundesmitteln laufend reduziert werden könnte.

Damit hätte der WBFF nach rund 30 Jahren den Charakter eines Umlauffonds erreicht.

Die Auswirkungen des vorgeschlagenen WBFF auf die Wohnungsnutzer und auf die öffentliche Hand sind anhand der nebenstehenden Graphik für das Beispiel der Mietwohnungs-WBF abzulesen:

WBF-Modelle gleicher Effizienzfaktoren (EF) liegen jeweils auf einer geneigten Geraden. Je geringer der Subventionsaufwand im Verhältnis zur bewirkten Entlastung, umso steiler werden diese Geraden.

Der optimale Grenzwert wird durch die reine Wertsicherung des WBFF erreicht: sie bewirkt - unter den gegenwärtigen KM-Konditionen - eine Entlastung von rund 40 % ohne jede Subvention.

Wird fortgesetzt.

Dr. Christian Donner ist Autor der Studie "Das Ende der Wohnbauförderung"
Adresse: Schlimekgasse 15,
A-1238 Wien

(Graphikunterschrift:)

Horizontalachse: Verhältnis der "verschenkten" öffentlichen Mittel zu den Kosten einer reinen KM-Finanzierung

Vertikalachse: Ausmaß der Mieterentlastung gegenüber der KM-Finanzierung

Die sich derzeit ergebenden Effizienzwerte sind mit den Anfangsbuchstaben der einzelnen Bundesländer identifiziert.

(Die Steiermark ist in dieser Darstellung nicht enthalten, weil die geforderte Verzinsung der Landesmittel mit 5,0 % höher liegt als die angenommene Inflationsrate von 3,0 % und in Verbindung mit der längeren Laufzeit keine reale Entlastung des Nutzers bewirkt.)