Zur Definition und Berechnung der ökonomischen Effizienz von Wohnbauförderungsmodellen

In der Nummer 1/98 der Zeitschrift "Wohnbauforschung in Österreich" der FGW berichtete Mag. W. Amann über die kurz vorher publizierte FGW-Studie 1 Land - 9 Systeme; Eigentumswohnungsförderung in den Bundesländern. Das in diesem Artikel - und der Studie selbst - behandelte Thema des Effizienzvergleichs von Wohnbauförderungsmodellen weckte das Interesse an einer genaueren Lektüre, nicht zuletzt weil sich der Verfasser dieses Beitrags bereits früher ausführlich mit dieser Frage befaßt hat (1).

Nach einem Hinweis, daß "in der Vergangenheit ... mehrfach Anläufe unternommen [wurden], auf wissenschaftlicher Grundlage eine Gegenüberstellung der widerstreitenden Konzepte [d.s. WBF-Modelle, Ch.D.] vorzunehmen" und nach der diesbezüglichen Erwähnung der Autoren Deutsch, Donner und Troper wird die Ausarbeitung der oben genannten Studie damit gerechtfertigt, daß "... die [bisher] vorgelegten Effizienzbewertungen nicht mit den tatsächlich erzielten Ergebnissen hinsichtlich Förderungszahl, Förderungsquote, Budgetbelastung oder sozialer Treffsicherheit übereinstimmen".

Hier ist allerdings eine erste Kritik anzubringen: weder Förderungszahl, Budgetbelastung noch soziale Treffsicherheit sagen etwas über die ökonomische Effizienz von WBF-Modellen aus. Im Gegenteil, gerade durch eine effizientere Gestaltung derselben lassen sich längerfristig bei gleichem Mitteleinsatz (Budgetbelastung) größere Effekte oder gleiche Effekte bei geringerem Mitteleinsatz erzielen. Für die Bewertung der sozialen Treffsicherheit hingegen ist ein völlig anderer Zugang zu wählen (2).

Als Maßstab für die Bewertung der Förderungseffizienz schlägt Amann einen Effizienzfaktor vor, in dem "... sowohl der Aufwand für die öffentliche Hand, als auch die Gesamtkosten und die Anfangsbelastung für die Haushalte [abgebildet wird]. Die Effizienzzahl ist umso niedriger, je effizienter das Förderungssystem ist". Sie wird als "... Produkt des deflationierten Förderungsaufwands und des Mittelwerts der Annuitäten über den Zeitraum von 20 Jahren ... in einem Kennwert zusammengefaßt. Dem Durchschnitt aller Förderungsmodelle ist die Zahl 100 zugeordnet".

Diese Definition weicht von jener eines Effizienzfaktors durch den Verfasser (3) insofern ab, als sie den öffentlichen Nettoaufwand nicht mit dem Effekt der Förderung, also der (teilweisen) Entlastung des geförderten Haushalts von den marktmäßigen Finanzierungskosten sondern mit dem verbleibenden Eigenaufwand in Beziehung setzt. Amann verwendet sodann das Produkt der beiden Werte, umgewandelt in eine Relativzahl zum ungewichteten Mittelwert (= 100) aller neun Bundesländer als Maßstab. (Zudem werden die Begriffe Effizienzfaktor und Effizienzzahl nebeneinander verwendet.)

Der wesentliche Nachteil der von Amann gewählten Definition ist, daß das Produkt aus öffentlichem Aufwand und Eigenaufwand vom Ausmaß des öffentlichen Mitteleinsatzes (Amann: Förderungsquote) beeinflußt wird, auch wenn die Anwendungsbedingungen des betreffenden Förderungsinstruments nicht verändert werden. Scheinbar besonders effizient wäre demnach jenes Modell, das möglichst geringe Mittel einsetzt (z.B. ein Baukostenzuschuß von ATS 1,000.- pro Wohnung).

Neben der geringen Anschaulichkeit dieser Definition ist die Bezugnahme auf einen Mittelwert eher ungünstig, weil sich bei einer Änderung des WBF-Modells in nur einem Bundesland dieser Mittelwert und daher auch alle anderen Einzelwerte verändern.

Weiterhin wird ohne hinreichende Begründung als Aufwand des geförderten Haushalts nur jener der ersten 20 Jahre genommen, obwohl erwähnt wird, daß die Ergebnisse von WBF-Modellen mit längeren Laufzeiten dadurch verfälscht werden. Entgegen der obigen Erläuterung geht die Anfangsbelastung in diese Effizienzzahl nicht ein - was sie auch nicht sollte, weil sie bei gleichbleibender Effizienz nahezu beliebig gestaltet werden kann.

In einer tabellarischen Übersicht werden die wichtigsten Kennwerte der Eigentumswohnungsförderung in den einzelnen Bundesländern festgehalten. Sie weisen - laut der gewählten Definition - für unterschiedliche Zinssätze und Inflationsraten überdurchschnittlich günstige Werte für die Steiermark, für Vorarlberg und Wien aus, während relativ schlechte Werte für Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg errechnet wurden. Das Burgenland liegt etwa im Mittel, Tirol etwas günstiger als dieses.

Weiterhin wird festgehalten, daß "die berechnete Effizienzzahl ... im wesentlichen (besagt), inwiefern es mit dem jeweiligen Förderungsmodell gelingt, mittels öffentlichem Mitteleinsatz den Wohnungsaufwand für den Erwerber zu reduzieren." Diese Aussage ist allerdings unzutreffend, weil sich die Entlastung des geförderten Haushalts erst aus der Kombination von Förderungseffizienz und Förderungintensität (= Anteil der Förderungsmttel an den Gesamtkosten) ergibt. Die präsentierten Effizienzzahlen lassen hingegen eine Quantifizierung dieser Entlastung nicht zu, da sie nur eine relatives Mehr oder Weniger gegenüber einem Mittelwert angeben.

Schließlich werden drei Modellansätze als "besonders gut" (für wen ?) und "höchst effizient" bezeichnet, nämlich Förderungsdarlehen, Annuitätenzuschüsse und Einmalzuschüsse obwohl für jedes der drei Prinzipien wesentliche Nachteile angemerkt werden. Damit ist aber keine tatsächlich wertende Aussage gegeben, weil diese Förderungsinstrumente völlig unterschiedliche Effizienzfaktoren aufweisen.

Um diese etwas komplexen Zusammenhänge anschaulicher darzustellen, werden ihre wichtigsten Aspekte in der nachstehenden Tabelle zusammengefaßt.

Amann

Donner

Definition

Effizienzzahl: Verhältnis des jeweiligen Produkts aus Nettobelastung des Haushalts (während der ersten 20 Jahre) und "Nettoförderungsaufwand" der öffentlichen Hand (d.s. die der öffentlichen Hand entgangenen Zinsen) zum Mittelwert dieser Produkte für alle Bundesländer

Effizienzfaktor: Verhältnis der Nettoentlastung des Haushalts (gegenüber Kapitalmarktbedingungen) zum Nettoförderungsaufwand

(= Mittelverlust) der öffentlichen Hand

Aussage (für ein bestimmtes WBF-Modell)

Das Produkt aus dem Barwert des "Nettoförderungsaufwands" der öffentlichen Hand und der Nettobelastung des Haushalts während der ersten 20 Jahre liegt um z.B. 15 % unter dem Mittelwert dieser Produkte für alle Bundesländer

Je S 1,00 Nettoförderungsaufwand wird eine Nettoentlastung des Haushalts um z.B. ATS 3,50 erreicht

Effizienz-Reihung der Bundesländer bei 3 % Inflation und 8 % Zinssatz

Wien an erster Stelle,

Kärnten an letzter Stelle

Kärnten an erster Stelle,

Wien an letzter Stelle

Besonders erstaunlich ist die Tatsache, daß die Reihung des Bundesländer nach der Effizienz ihrer Eigentumswohnungsförderungsmodelle bei beiden Autoren völlig verschiedene Ergebnisse zeitigt.

Eine Suche der Ursachen für diese eklatanten Abweichungen in den detaillierten Berechnungen ergab folgende Beobachtungen:

Kärnten:

Für die Bestimmung der (deflationierten) Kosten der öffentliche Hand wurden Opportunitätskosten herangezogen. Diese wurden gedanklich mit der Sekundärmarktrendite / SMR gekoppelt und rechnerisch mit 8,0 % pa angenommen. Jene Zinsanteile die nicht tatsächlich über die Rückzahlungsbedingungen vom Darlehensnehmer entrichtet werden, wurden mit ihrem Barwert als Kosten registriert und summiert.

Diese "Kosten" sind allerdings fiktiver Art. Die Bezugnahme auf kalkulatorische Kosten (Zinsen auf eingesetztes Eigenkapital) ist zwar in der Privatwirtschaft üblich, wenn es darum geht, Veranlagungs- und Investitionsalternativen miteinander zu vergleichen. Für die öffentliche Hand gelten allerdings völlig andere Rahmenbedingungen. Die Staatsbürger stellen dem Staat Steuermittel nicht dafür zur Verfügung, daß er sie - möglichst gewinnbringend - veranlagt, sondern damit er gesellschaftspolitische Aufgaben erfüllt. Zu diesen gehören im wesentlichen die öffentliche Verwaltung, die Bereitstellung von Infrastruktur und die Umsetzung sozialpolitischer Grundsätze.

Andernfalls könnte z.B. der Staat dafür optieren, Beamtengehälter nicht zu bezahlen, weil "... sein Geld in einem Fonds höhere Erträge erzielt". Eine wahrhaft skurrile Vorstellung.

Für die gegenständliche Thematik der Effizienzbewertung öffentlicher Finanzierungshilfen sind daher als Kosten der öffentlichen Hand die realen Substanzverluste anzusehen, die das eingesetzte öffentliche Kapital im Wege der Wohnbauförderung erleidet.

Wien:

Die fehlende Berechtigung des Ansatzes von entgangenen Zinsen als (Opportunitäts-) Kosten wird implizit in den Berechungen des Wiener Förderungsmodells belegt, da hier die gewährten Baukostenzuschüsse nur mit ihrem Barwert in Rechnung gestellt werden, obwohl theoretisch auch mit diesem Kapital Zinserträge erzielt werden könnten. Damit erklärt sich z.T. auch das "günstige" Abschneiden Wiens in diesem Vergleich.

Zusammenfassend ist die hier untersuchte Methode mit folgenden Nachteilen behaftet:

Literatur

AMANN, Wolfgang 1997 1 Land - 9 Systeme; Eigentumswohnungsförderung
in den Bundesländern, 38 S.

AMANN, Wolfgang 1998 Wohnbauförderung in Österreich, 1 Land - 9 Systeme,
in: Wohnbauforschung in Österreich, Heft 1/98, S. 5-8

DONNER, Christian 1990 WOHNEN ... und was es kostet, 337 S.

DONNER, Christian 1995a Das Ende der Wohnbauförderung - Textband, 337 S.

DONNER, Christian 1995b Das Ende der Wohnbauförderung - Datenband, 268 S.

(1) Donner 1995a+b ...zurück in den Text
(2) siehe z.B. Donner 1995a, S.158-164 ...zurück in den Text
(3) Donner 1995a, S.94ff ...zurück in den Text