Budgetkonsolidierung und Schuldenabbau sind primäre Diskussionsthemen der letzten Monate und - im Sinne einer fortschreitenden EU-Integration - unaufschiebbare Hauptaufgaben der gegenwärtigen Bundesregierung.
In diesem Zusammenhang und als Grundlage für verteilungspolitische Diskussionen wird wiederholt die vor einigen Monaten publizierte und auf umfangreichem Datenmaterial basierende WIFO-Forschungsarbeit "Umverteilung durch öffentliche Haushalte" herangezogen.
Einige der wichtigen Befunde dieser Studie zur sozialen Wirksamkeit der bestehenden öffentlichen Transfersysteme sind folgende:
Alle diese - z.T. unplausibel wirkenden - Aussagen basieren auf einem
unscharfen Einkommensbegriff und verleiten daher zu unzulässigen
Schlußfolgerungen in Bezug auf die soziale Wirksamkeit der
angesprochenen Transfersysteme.
Als Grundlage der sozialen Differenzierung der österreichischen
(Unselbständigen-)Haushalte wurden die Netto-Haushaltseinkommen der
Mikrozensus-Erhebung des Statistischen Zentralamts (ÖSTAT) vom
September 1991 verwendet.
Eine Einkommensschichtung aller Haushalte ohne Differenzierung ihrer Größe erlaubt jedoch keine unmittelbare Aussage, ob der betreffende Haushalt zu den eher "reicheren" oder eher "ärmeren" gehört.
Die obenstehende Graphik der Einkommensverteilung der Unselbständigenhaushalte ist der Studie Das Ende der Wohnbauförderung des Verfassers entnommen. Sie zeigt, daß 1993 ein Haushaltseinkommen (Jahreszwölftel) von S 15.000,- für Ein-Personen-Haushalte einen überdurchschnittlichen Wert darstellt, da nur ca. 40 % der Haushalte dieser Größe über ein höheres Nettoeinkommen verfügten. Gleichzeitig wurde derselbe Wert von rd. 90 % aller Drei-Personen-Haushalte übertroffen. Ein derartiges Einkommen würde daher für diese - und größere - Haushalte ein "Armutszeugnis" ablegen.
Anders formuliert: die Einkommen größerer Haushalte sind tendenziell merklich höher. Dies bedeutet, daß das durchschnittliche Einkommen aller Haushalte für größere Haushalte im unteren (ärmeren) und für kleinere Haushalte im oberen ("reicheren") Bereich liegt. Aussagen, die z.B. diesen "mittleren" Einkommensbereich betreffen, umfassen also völlig verschiedene reale Einkommensverhältnisse. In gleicher Weise sind daher Haushalte des oberen Einkommensdrittels nicht unbedingt als "reich" einzustufen, wenn sie aus überdurchschnittlich vielen Personen bestehen.
In der WIFO-Studie wird zwar mehrfach angeführt, daß die Haushalte mit höheren Einkommen tendenziell größer sind als jene geringerer Einkommen. Diese Erläuterung geht jedoch in das präsentierte Zahlenwerk und die auf ihnen basierenden Schlußfolgerungen fast nicht ein.
Dieser Problematik unterschiedlicher Haushaltsgrößen kann mit zwei Methoden begegnet werden:
Keiner dieser Wege wurde jedoch in der grundsätzlich begrüßenswerten WIFO-Studie beschritten. Somit kann sie die Frage, ob tatsächlich die jeweils besserverdienenden Haushalte jeder Haushaltsgröße überproportional in den Genuß von Transferleistungen kommen, nicht beantworten.
Als Basis und Entscheidungshilfe für grundlegende politische Entscheidungen zur Umgestaltung der österreichischen Transfersysteme im Sinne einer Budgetsanierung scheinen daher die aus der Studie zitierten Aussagen bedauerlicherweise unzureichend.
Es wäre demnach zu begrüßen, wenn die Autoren in einem Nachtrag eine nach Haushaltsgröße differenzierte Auswertung des Datenmaterials vornehmen könnten, um die bereits vorgelegten Befunde zu präzisieren oder zu modifizieren.